Das Kunsthandwerk lebt!
Auf dem Campus lagern riesige Holzbestände. Räume, vollgepackt mit Stoffen aller Farben. Eine Digitaldruckerei, steht bereit für die Textilmuster der Zukunft, während nebenan alte Webstühle und Klöppelspulen klappern. 150 Studierende lernen hier formschönes Gestalten zum praktischen Zweck – in den Studiengängen Holzgestaltung, Modedesign und Textilkunst.
Der Schneeberger Stil ist berühmt! In DDR Zeiten hat sich, auch durch die Mangelwirtschaft, an dieser Schule ein besonderer Gestaltungsstil herausgebildet, für Möbel, Spielzeug und Mode. Selbst der berühmte Formgestalter Karl Clauss Dietel, der u.a. das Antlitz der legendären Simson S51 entwarf, lehrte in Schneeberg, dass das Design, neben der Ästhetik, einen klaren Auftrag hat: Funktionalität und Reparierbarkeit mit wenigen, klaren Linien. Diese Nachhaltigkeit ist in den drei Studiengängen Holz, Textil und auch im Modedesign heute allgegenwärtig.
Klöpplerinnen am Werk
Die Wurzeln dieser Schule reichen bis auf die 1878 gegründete königliche Spitzenklöppel-Musterschule zurück. Die transparente Klöppelspitze aus Schneeberg hat bis heute Weltniveau. Punto in Aria – Stiche in die Luft. „Wir konstruieren dabei wie Architekten ein stabiles lineares Gefüge, jeder Knoten ist ein Stützpfeiler für die Spitze.“ Ute Schmidt lehrt die selten gewordene Handwerkskunst bis zum 3. Semester. Wenn sie Inspiration sucht, geht sie ins hochschuleigene Klöppelmuster-Archiv zu den Jahrhunderte alten Originalen, die schon Königinnen begehrten.
„Das Holz will nicht von allein zum Schaukelstuhl werden!“
Holz ist für die Angewandte Kunst in Schneeberg der Werkstoff schlechthin. Wie auch seine Vorgänger, beginnt Jacob Strobel, erfolgreicher Möbeldesigner und Professor an der AKS, den Lehrplan der Holz-Studierenden mit traditionellen Handwerkstechniken. Erst nach Drechseln, Feilen und Sägen kommt der zeitgenössische, künstlerische Part. „Jetzt lernen wir, wie man mit den Händen denkt“.
Aus alt, mach neu. In Schneeberg wird der gute alte Schaukelstuhl in diesem Semester wiederbelebt. Alles ist erlaubt, aber Statik und Design müssen stimmen. Professor Strobel nimmt die besten Prototypen und ihre angehenden Designer:innen mit zum österreichischen Naturmöbelhersteller TEAM 7. Eine Extra-Prüfung bei den Holzprofis. Auch Masterstudent Jan-Erik Schützhold darf mit nach Ried im Innkreis. Seine Abschlussarbeit, eine dreibeinige Sitzhocker-Kreation darf in den Belastungstest, in dem sonst nur Bestseller geprüft werden. „Diese Chance zu haben, ist toll, und auch wenn die Hockerbeine dabei brechen, weiß ich, was ich falsch gemacht habe.“
Weg von der Wegwerfmode!
Von der wackeligen ersten Naht im 1. Semester bis zu exakten Schnittmustern, kontrolliertem Ausfranzen und perfekten Rüschen. Die Bachelor- und Masterkollektionen hängen jetzt auf langen Kleiderstangen und warten auf die hereinstürmenden Models im backstage-Bereich der Zwickauer Fashion-Night. Zehn Minuten Umziehzeit. Zum ersten Mal präsentieren die Studierenden ihre Arbeiten einem Publikum. Die Aufregung ist groß. „Wir bieten richtig viel Praxis an, damit sie üben können, raus in die Welt zu gehen.“ Professorin Dorette Bardos schickt alle auf den Laufsteg: üppige Rokoko Kleider, intelligente Einsatzuniformen für den Katastrophenschutz, experimentelle Anzüge, die sich flüchtigen Modetrends entziehen. Schneiderkunst aus Schneeberg.
Interessant aussehen. Gut sitzen. Beruhigt spielen. Schönes benutzen und ansehen. Das Kunsthandwerk lebt überall im Alltag. Der Film entdeckt die Fakultät für Angewandten Kunst als moderne Designschmiede, die die traditionelle Volkskunst als Vorbild nutzt.
