Ulrike Franke stellt die Eieruhr auf 30 Minuten. „Sonst überziehe ich immer!“ Sie setzt sich und beginnt ein Gebet. Jeden Tag möchte sie Gott nahe sein, das erfüllt sie. Ihre Frau kennt Ulrikes Andachtszeiten ganz genau. Für beide Frauen gehört das Gespräch mit Gott selbstverständlich zum Alltag. Sie wussten, dass es schwierig wird, als sie sich vor 25 Jahren beim Theologiestudium ineinander verliebten. Ulrike und Barbara wurden Pfarrerinnen. Ihre Liebe blieb. Erst heimlich, dann in einer Fernbeziehung. Nach einigen Jahren will das lesbische Paar zusammenleben, unter dem Dach des Pfarrhauses. Das ist in Sachsen nicht ohne weiteres möglich. Ulrike verlässt die Gemeinde im Vogtland und zieht nach Leipzig. Sie wechselt den Job, aber hält die Augen offen: Wird eine Pfarrstelle in ihrer Gegend frei, bewirbt sie sich erneut.
Markus und Paul Raschke aus Dresden wissen ganz genau, welche Aufregung ausbricht, wenn man sich als schwul outet, besonders wenn man lange Jahre verheiratet war und Kinder großzog. Ihr Glaube an Gott hat in dieser schlimmen und doch so wichtigen Zeit des Umbruchs geholfen. Doch wie reagieren andere Christen auf ihre Liebe? „Gott hat mich so gemacht, er weiß es doch“, sagt Markus heute lachend. Offen geht er mit seiner sexuellen Neigung um und kämpft in der Ökumenischen Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) für die Rechte schwuler, lesbischer und transsexueller Christen. Er arbeitet unter der Woche im evangelischen Kirchenamt und am Sonntag als Küster vor den Gottesdiensten. Und er fühlt sich in seiner Gemeinde zu Hause.