In Rumänien muss man oft aufpassen, dass man, wenn man an alten Kirchen vorbeigeht, nicht von herabstürzenden Dachziegeln erschlagen wird. Das hat mich zu dem gemacht, der ich bin: Nämlich zum Rettungssanitäter. Nicht für Menschen, sondern für Häuser und Denkmäler, sagt Stefan Vaida immer, wenn er seinen Job erklären soll.
Der Enddreißiger studierte nach dem Abitur Restauration an der Uni in Bukarest. Gemeinsam mit seinem Bruder – einem Architekten – hat er vor fünf Jahren eine Ambulanz für einsturzgefährdete Denkmäler in Rumänien gegründet. Quasi ein Blaulicht-Krankenwagen für verfallene Häuser. Damit fahren sie von März bis Oktober durchs ganze Land. Am liebsten sind sie in Siebenbürgen unterwegs.
Hier sind die beiden Männer aufgewachsen. Wohlbehütet – in einem kleinen Dorf in der Siebenbürger Pampa. Früher war hier fast alles mal Deutsch. Doch die Siebenbürgensachsen sind nach dem 89er Umbruch gen Westen ausgewandert. Stehengeblieben sind ihre mächtigen und schönen mittelalterlichen Kirchenburgen.
Ich bin zwar kein Sachse, ich bin Rumäne, aber diese Gotteshäuser sind meine Kindheit. Sie waren unser Zentrum. Heute stehen sie leer und verrotten. Wenn wir jetzt nichts machen, dann sind diese Denkmäler bald weg.
Über 600 kann Stefan sofort aufzählen. Kirchen aus Holz und Stein, Mühlen, Herrenhäuser … Er und sein Bruder möchten diese gefährdeten Kulturgüter vor dem unmittelbaren Verfall retten. Das heißt, sie sichern die Gebäude, indem sie zum Beispiel Dächer flicken, tragende Balken anschuhen, Schwammpilze ausbrennen oder Fenster abdichten. Erste Hilfe nennen sie das. Sie machen das für ihre Kinder, Enkel und Urenkel. Für die kommenden Generationen wollen sie das europäische Kulturgut (wenigstens) erhalten.
Der nächste Einsatz startet Ende April in Beai. Ein kleines Dorf in der Nähe von Brasov (Kronstadt). Gemeinsam mit Freiwilligen will Stefan hier das Dach zweier Kirchenburg-Türme neu decken und wertvolles Kirchenmobiliar an einen sichereren Ort bringen. Die Menschen im Dorf zeigen bisher wenig Interesse an seinem Vorhaben. Stefan kennt das schon: Sie brauchen diese alten deutschen Kirchen nicht mehr. Sie, die rumänischen Bauern, haben keinen kulturellen Verbindung dazu. Genau das wollen wir ändern! Wir versuchen immer, dass die Leute wenigsten gucken kommen. Das ist der erste Bezug. Wenn wir Glück haben, backen nach 2-3 Tagen die ersten Mütterchen im Dorf einen Kuchen für uns Bauarbeiter und danach ist das Eis gebrochen und die Männer fassen dann auch manchmal mit an und die Kinder, die sind sowieso neugierig. Wir wollen die Menschen sensibilisieren, für das Erbe, das in ihrem Dorf steht.
Der letzte deutsche Pfarrer, den es hier noch gibt und ca. zehn Freiwillige (Studenten, Handwerker) sind auf alle Fälle mit im Boot.
Und wenn es klappt, schalten sich auch seine königliche Hoheit, Prinz Charles von Wales, per Skype mit hinzu. Er ist ein ganz großer Siebenbürgenfan und ein Hauptfinanzier des Ganzen.